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fairfood Freiburg

28,57% vegan

März 2021

Einen Monat lang vegan – Erfahrungsbericht eines Allesessers.

„Veganuary? Na klaro!“ – so war im Dezember 2020 meine spontane Reaktion auf die fairfood-Initiative, als Unternehmen gemeinsam im Januar komplett auf vegane Ernährung umzustellen.

Wie ich finde, eine super Idee: fairfood Freiburg steht auf der einen Seite für nachhaltige, vegane und natürliche Produkte, auf der anderen Seite ernähren sich nicht alle (wenn auch viele) Mitarbeiter*innen rein pflanzlich. Einer dieser omnivoren Satelliten bin ich selbst. Natürlich „ist mir Ernährung wichtig“, selbstverständlich „verzehre ich nur nachhaltige tierische Produkte“ – die Rechtfertigungen fleischfressender Menschen sind allgemein, insbesondere in Freiburg und ganz speziell mir selbst, wohlbekannt 😉

Deshalb soll dieser Artikel kein „30 vegane Rezepte für ein besseres Selbst“-Ernährungstagebuch sein. Genauso wenig gehe ich auf die Vielzahl an rationalen, nicht von der Hand zu weisenden und auch unter anderem hier ausgiebig dargestellten Gründe für eine vegane Ernährung ein. Ich möchte einfach nur ganz subjektiv meine Erkenntnisse aus 31 Tagen Veganuary zusammenfassen und damit meinen Beitrag zu einem reduzierten Konsum tierischer Produkte leisten  – oder eben auch nicht.

(Spoiler: Solltest du bereits Veganer*in sein, könnten dich meine nun folgenden Binsenweisheiten langweilen und du kannst dich zum Beispiel direkt hier interessanteren Dingen widmen 😎)

Erkenntnis 1: Mein Geschmacksempfinden ist vergesslich.


Der passende Mythos dazu: „Ohne den Geschmack von Fleisch, Käse usw. könnte ich nicht leben.“

Dieser Mythos, der für mich persönlich immer am schwersten zu wiegen schien, hat sich im Nachhinein als der vergänglichste erwiesen. Ich habe so viele tolle neue Produkte ausprobiert und meinen Geschmackshorizont durch scheinbar simple Rezepte erweitert, dass so gut wie nie Gelüste auf Tierisches aufkamen. Und das alles nur, weil ich mein Einkaufsverhalten überdenken musste und zwangsweise zu Supermarktregalen vorgestoßen bin, die ich bisher links liegen gelassen hatte. Zusätzlichen Input gab es vom fairfood-internen Vegan-Taskforce-Team, das uns täglich mit Tipps, Produkten und Hintergrundwissen via Signal versorgt hat – top!

Huch, was war nochmal ein Schnitzel?

Erkenntnis 2: Die meisten Nudelsorten sind vegan.


Der Mythos: „Vegan kochen ist mir zu aufwändig.“

Die richtige Gartemperatur von Roastbeef zu finden ist komplex - vegan kochen hingegen ist es nicht! Natürlich vereinfache ich hier etwas und selbstverständlich kann man sich stundenlang in veganen Menü-Kreationen verlieren. Da die Alltagsküche aber häufig durch simples weglassen oder schlaues ersetzen vegan wird, reduziert sich meist die Komplexität.

Nachdem ich mich erstmals durch den Dschungel an veganen Ersatzprodukten probiert (und viele als ungesund und/oder wenig lecker wieder aussortiert) habe und ein paar Routinen entwickelt konnte, geht die vegane Küche leicht von der Hand. Dass Nudeln meist vegan sind, erleichtert den Start erheblich. #nudelnrotesosse

Außerdem: Pizza ohne Käse hat nicht nur deutlich weniger Kalorien, sie liegt auch nicht so schwer im Magen 😉

Erkenntnis 3: Honig geht (nicht) klar.


Der Mythos: „Als Veganer*in brauche ich in meiner WG-Küche eine eigene Pfanne.“

Kennst du „Meat Shaming“? Die vermeintlich schiefen Seitenblicke der Tofufreund*innen, nachdem du dein Stück Fleisch auf den Grill gelegt hast? Der innere Zwang, die Bio-Gurken am Kassenband auf die abgepackte Wurst zu schieben, sobald du hinter dir deine vegane Arbeitskollegin entdeckt hast?

Meat Shaming ist ein Mythos! Natürlich gibt es dogmatische Veganer*innen, die dich tagtäglich bekehren wollen. Der Großteil meiner veganen Freund*innen hat sich aber aufgrund innerer Überzeugung für eine rein pflanzliche Lebensweise entschieden und urteilt nicht über andere. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Auch du wirst weiterhin du selbst bleiben, wenn du dich vegan ernährst. Veganer*innen sind nicht immer so dogmatisch, wie auf Insta vermittelt wird 😉

In der Regel ist der Mensch vernünftig und begegnet deshalb auch dem Thema Veganismus mit Augenmaß. Dass dies auch zu Konflikten führen kann, zeigt sich an der Honig-Frage: Diese ist heiß diskutiert, denn auch die oft romantisierte Hobby-Imkerei läuft nicht ohne Bienenleben-Verluste ab.

Dennoch: Bilde dir deine eigene Meinung! Ich habe mich in dieser Frage pro Honig entschieden. Bio und regional, bei ausgefalleneren Sorten auch aus Europa. Alternativ gibt es super Ersatzprodukte wie Agavendicksaft oder Ahornsirup.

Erkenntnis 4: Als Veganer*in ausser Haus zu essen ist scheisse.


Mythos: „Als Veganer*in außer Haus zu essen ist scheiße.“

Solange ihr nicht in Berlin oder Asien lebt: So ist es. Egal ob Lieferdienst oder Fast Food, als Veganer*in hast du häufig das Nachsehen. Immerhin: Dein Freundeskreis lernt schnell dazu und bei Einladungen zum Abendessen wird in der Regel Rücksicht genommen auf deine Ernährungsweise – zumindest einmal möchte sich jede*r gerne als vegane Meisterköch*in bewundern lassen.

Erkenntnis 5 und Fazit: Alles ist besser als nichts zu ändern.


Mythos: „Es ist immer besser, nichts zu verändern.“

Am wichtigsten war für mich persönlich am Ende die Erkenntnis, dass es beim Thema Veganismus kein Scheitern gibt. Ich muss keine Angst haben, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, nur weil ich „rückfällig“ werden könnte. Ich bin kein trockener Alkoholiker, für den es nur Wasser oder Bier gibt. Für mich steht das Ziel im Vordergrund, meinen Konsum tierischer Produkte zu reduzieren, im Idealfall bis auf Null. Manche schaffen dies direkt; für mich wird es ein längerer Prozess.

Nach dem Veganuary bin ich nicht bei einer rein veganen Ernährung geblieben. Mein Zwischenfazit einen Monat später ergibt aber folgende Verteilung der wöchentlichen Essgewohnheiten: Zwei Tage vegan, drei Tage vegetarisch, zwei Tage nichts davon. Das ergibt eine zu 28,57% vegane Woche. Und das ist für mich aktuell okay.
Ich habe gelernt, wie einfach es ist, tierische Produkte wegzulassen oder zu ersetzen. Ich habe viel über Ernährung gelernt, habe festgestellt, dass man als Veganer*in kulinarisch (fast) keine Abstriche machen muss. Deshalb mein Fazit:

  1. Probiert es einfach aus! Vegane Ernährung war noch nie so einfach wie heute.
  2. Habt keine Angst davor! Niemand ist perfekt. Einen großen Schritt habt ihr bereits geschafft, wenn ihr den eigenen Konsum tierischer Produkte erheblich reduziert.
  3. Beschäftigt euch mit dem Thema, denn ein Wandel alleine durch moralischen Druck von außen ist nicht nachhaltig.
  4. Und vor allem: Macht endlich, was ihr sagt! Wenn Fleisch oder Käse, dann Bio (am besten Verbandsware wie demeter oder Bioland) – und seid euch klar, dass dies Luxusprodukte sind, die viel Geld kosten müssen.

Mark Schwippert