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Pfandglas: Nachhaltig oder Greenwashing?

Mai 2021

Diese Frage beschäftigt aktuell nicht nur Kund*innen, sondern auch die produzierenden Unternehmen, Bio- und Supermärkte. Da die Forschungslage dünn ist, gibt es wenig belastbare Referenzen. Wir möchten hier so transparent wie möglich aufzeigen, warum wir auf Unverpackt und das Pfandglas setzen.

Ökobilanz: Das Mass aller Dinge?


Vom Deckel bis zum Transport - wir kennen die Kritikpunkte am Pfandglas. Eine Studie des ifeu-Instituts hat Ökobilanzen zu verschiedenen Verpackungslösungen berechnet und lässt das Pfandglas gegen den Plastikbeutel verlieren. Im Folgenden erklären wir, warum die reine Betrachtung von Ökobilanzen hier wichtige Problematiken außer Acht lässt und für eine Beurteilung zu kurz greift. 

1. Produktschutz: für weniger Food Waste.


Eine Papierverpackung ist nicht für jedes Produkt nachhaltiger als Glas oder Plastik. Viele Produkte benötigen nämlich speziellen Produktschutz. Nüsse etwa müssen fettbeständig und luftundurchlässig verpackt sein, sonst verlieren sie Aroma, werden weich und schnell ranzig. Solchen Food Waste wollen wir unbedingt vermeiden, denn die Verschwendung von Ressourcen für die Produktion macht ihn zum echten Klimasünder. 

2. Energiereiche Herstellung → Deshalb Mehrweg.


Für die Herstellung von Glas bei hohen Temperaturen wird viel Energie verbraucht. Das ist vor allem bei Glas problematisch, das nach einmaliger Nutzung entsorgt wird. Mit jedem Durchlauf, also mit jeder Wiederbenutzung, fällt dieser Energieaufwand jedoch weniger ins Gewicht. Deshalb setzen wir auf Mehrweg-Gläser.

3. Transport: Je regionaler, desto besser!


Aufgrund des Gewichts von Glas werden die Transportemissionen kritisiert. Das ist berechtigt, wenn Hersteller eigene Pfandbehälter nutzen, die über lange Strecken zu ihnen zurücktransportiert werden müssen. In dem von uns genutzten System werden dagegen einheitliche Gläser von vielen Herstellern verwendet, an regionale Produzenten zurückgeführt und dort neu befüllt. Je mehr Unternehmen also dieses System nutzen, desto kürzer werden die Transportwege.

4. Reinigung? Mit erneuerbaren Energien!


Bei der Reinigung der Gläser wird Energie verbraucht. Dabei gilt es die positive Entwicklung des Strommixes in Deutschland zu berücksichtigen: Im Jahr 2020 lag der Anteil erneuerbarer Energien bereits bei 45,4 Prozent des Stromverbrauchs und übertraf erstmals den Anteil fossiler Energieträger (1). Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien fällt der Energieaufwand weniger ins klimabilanzielle Gewicht. 

5. Recyclingfähigkeit ≠ Recyclingquoten


Verrückt, aber wahr: Nicht alles, was laut Siegel recycelt werden kann, wird auch recycelt! Die Recyclingfähigkeit besagt zwar, dass es möglich ist, ein Material zu recyceln. In den meisten Sortieranlagen ist die nötige Technik dafür aber gar nicht vorhanden. Und was nicht recycelt wird, wird verbrannt, landet auf Deponien oder wird ins Ausland exportiert. 

Wie schneiden nun Papier, Kunststoff, das Pfandglas und sein Deckel beim Recycling ab?


Papier
Papier kann im Schnitt fünf bis acht Mal recycelt werden, da sich Papierfasern bei jedem Umlauf verkürzen und irgendwann eine breiige Masse bilden, aus der kein Papier mehr hergestellt werden kann (3). Die Recyclingquote von Papier lag 2019 bei 71,5 Prozent.

Kunststoff
Ähnlich werden auch die Moleküle in Kunststoffen durch das Aufschmelzen und die Recyclingprozesse kürzer, sodass sie nach einigen Umläufen nicht mehr verarbeitet werden können (4). 2019 lag die Recyclingquote von Kunststoff bei gerade einmal 46,6 Prozent (2). Mehr als die Hälfte unseres Plastikmülls wird also nicht aufbereitet, sondern verbrannt, deponiert oder exportiert. 

Die Hauptursachen: Folien, die kleiner als DIN A4 sind, können nicht oder nur bedingt recycelt werden (5). Zudem machen Verbundverpackungen, die aus verschiedenen Materialschichten bestehen, einen Großteil des Mülls aus. Sie können maschinell nicht getrennt und recycelt werden. Die Kunststoffbeutel aus der ifeu-Studie sind aus Verbundmaterial und kleiner als DIN A4.

Weißblech (Deckel)
Zwar können die Deckel der Pfandgläser nur einmal verwendet werden, doch sie bestehen aus Weißblech. Da 90-95% der Gläser mit Deckel abgegeben werden, werden sie zu fast 100% recycelt. Landen sie im gelben Sack, werden sie in den Recyclinganlagen mit einem Magneten herausgezogen und recycelt (6). Die Recyclingquote von Weißblech beträgt 95,4 Prozent

Glas
Glas hat seine Schwächen, ist aber das einzige Material, das unendlich oft recycelt werden kann, ohne dabei an Qualität einzubüßen. Selbst wenn die Pfandgläser mal im Altglas landen, wird das Material zu 82,8% recycelt.

Fazit: Pfandglas for Future!


Da Papierverpackungen für unsere Nüsse keinen Produktschutz bieten, kommen sie für uns nicht in Frage. Auch wenn die ifeu-Studie die Ökobilanz des Pfandglases höher ansetzt als die des Kunststoffbeutels, stehen wir zum Pfandsystem. Denn wir möchten den Eintrag neuer Kunststoffe in die Umwelt stoppen. Da sie nicht recycelt werden, produzieren Kunststoffbeutel Müll, der Ressourcen verschwendet und die Umwelt belastet. Und: Mit dem Wachsen des Pfandsystems werden sich Transportwege verkürzen und die Umläufe erhöhen, wodurch die Schwächen an Gewicht verlieren.
Quellen:
(1) Umweltbundesamt.de (Erneuerbare Energien in Zahlen)
(2) Umweltbundesamt.de (Verwertungsquote Kunststoffabfälle)
(3) Berlin-recycling.de (Papierkreislauf)
(4) Nabu.de (Recycling)
(5) Verpackungsregister.org (Mindeststandard Verpackung)
(6) Neue-verpackung.de (Recyclingfähigkeit Weißblech)
(7) Verpackungsregister.org (Recyclingquoten)