
Juli 2021
Bio-Siegel sind für uns mittlerweile allgegenwärtig. Aber was bedeutet das eigentlich bei importierten Produkten wie Nüssen? Bei unserem letzten Besuch in Ruanda hatten wir die Bio-Zertifizierung zu Gast. Julian, der bei fairfood Freiburg auch für die Zertifizierungen zuständig ist, berichtet über den Besuch und gibt Einblicke hinter das Bio-Siegel.
Kleine Hürden bei der Zertifizierung...
“Meine Aufgabe in Ruanda ist es, das Macadamia-Projekt, das wir mit Gorilla Nuts aufbauen, einer Bio-Zertifizierung nach europäischem Standard zu unterziehen. Eine große Herausforderung dabei ist die Kommunikation. Die offizielle Amtssprache in Ruanda wechselte 2010 nämlich abrupt von Französisch zu Englisch. Vor allem ältere Menschen auf dem Land sprechen allerdings wenig Englisch – und der Großteil der Menschen sowie viele Bäuer*innen bevorzugen ihre Landessprache Kinyarwanda. Eine Sprache die mehr davon lebt, gesprochen als geschrieben zu werden.
Eine echte Hürde ist deshalb die Dokumentationspflicht, die für viele Bäuer*innen bisher nur eine untergeordnete Rolle in ihrem Feldalltag gespielt hat. Jede Aktivität auf dem Feld – vom Pflanzen, Düngen und Pflegeschnitt bis zur Ernte und der nachfolgenden Verarbeitung – müssen sie jetzt schriftlich erfassen. Eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Nuss vom Baum bis zur Kund*in ist nämlich Voraussetzung für die erfolgreiche Bio-Zertifizierung.

...und unsere gemeinsame Lösung...
Deshalb haben wir von Beginn an die Bäuer*innen, die Macadamia für uns anbauen, regelmäßig besucht und Trainings mit ihnen durchgeführt. Dabei haben wir im persönlichen Gespräch erklärt, welche Auflagen für den Bio-Anbau notwendig sind und wie die Alternativen zu konventionellen Praktiken funktionieren.
Der Schlüssel zu einem vertrauensvollen Kontakt zu den Kleinbäuer*innen und der praktischem Umsetzung dieser Theorie war aber vor allem ein Mitarbeiter von Gorilla Nuts: Celestine Nsabiyumva, ein Agronom mit langjähriger Erfahrung im Macadamia-Anbau, der selbst in der Region aufgewachsen ist und dadurch Sprache, Menschen und die zahllosen kurvigen Feldwege sehr gut kennt. Er unterstützt die Farmer*innen regelmäßig in ihrem Feldalltag vor Ort.

... für eine erfolgreiche Zertifizierung!
Während unseres Besuchs wurde Gorilla Nuts dann eine Woche lang von einer unabhängigen Bio-Kontrollstelle besucht und auf die Einhaltung der Bio-Vorschriften überprüft. Eine externe Prüferin, die extra angereist kam, begutachtete alle Farmer*innen und ihre Plantagen, die Transporte und unsere neu gebaute Verarbeitungsstätte.
Daneben nahm sie aber auch den organisatorischen Aufbau des Kleinbauernzusammenschlusses und die internen Kontrollmechanismen, die eine stetig hohe Qualität der Nüsse sicherstellen sollten, genau unter die Lupe. Und das nicht nur einmal: Ab sofort wird Gorilla Nuts mindestens einmal jährlich extern auf dieses Standards kontrolliert.

Positive Nebenwirkung des Bio-Anbaus
Der biologische Anbau hat neben dem Bio-Siegel, das wir auf den Produkten finden, auch positive Nebenwirkungen für die Menschen vor Ort: Die schonende Bearbeitung der Plantagen ohne Maschinen und Agrochemikalien fördert nämlich die biologische Vielfalt: Häufig finden sich Vogelnester in den Baumkronen und die üppigen Blüten ziehen viele Insekten an. Manche Bäuer*innen installieren sogar Bienenkörbe zur Honiggewinnung und besseren Bestäubung in den umliegenden Bäumen.
Vor allem zwischen jungen Macadamiabäumen, die noch wenig Schatten werfen, pflanzen die Bäuer*innen außerdem verschiedene Feldfrüchte in Mischkultur an. So wachsen zwischen den Baumreihen wertvolle Nahrungsmittel wie Bananen, Papayas, Erdnüsse, Soja und Buschbohnen. Die bringen gleich zwei Vorteile: Zum einen fördern diese Pflanzen die Bodenfruchtbarkeit, indem sie etwa den Boden auflockern.
Zum anderen stellen sie ganz unmittelbar die Lebensmittelversorgung der Landbevölkerung sicher, für die der Gang zum Supermarkt häufig zu weit und teuer. Ein schöner Nebeneffekt des Eigenanbaus: Im ländlichen Ruanda findet sich kaum Plastikmüll. Das hängt natürlich auch mit dem landesweiten “Plastic Ban” zusammen, der die Verwendung von Plastiktüten gesetzlich verbietet.”
